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Interview mit Valentin Spiess, Gründer und Präsident von IART, einem auf multimediale Architekturen spezialisierten Studio. Der wesentliche...
Das nachhaltige Potenzial von Medienfassaden
Interview mit Valentin Spiess, Gründer und Präsident von IART, einem auf multimediale Architekturen spezialisierten Studio

27. Dezember 2023

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Valentin Spiess, Gründer und Präsident von IART
„iart zeichnet sich nicht durch einen bestimmten Look aus, sondern durch eine Haltung und eine Methode. Was zählt, ist die Idee des Studiums, der Zusammenarbeit und der ständigen Neugier".
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Wie unterscheiden sich Medienfassaden von traditionellen architektonischen Fassaden, und welche Rolle spielen sie im städtischen Umfeld?
Der wesentliche Unterschied zwischen einer herkömmlichen Fassade und einer Medienfassade besteht darin, dass letztere eine dynamische Hülle ist, die für die Kommunikation genutzt werden kann. Bei öffentlichen Gebäuden wie Museen oder Hörsälen kann die Aufgabe einer Medienfassade darin bestehen, die Kommunikation oder Präsentation der Institution in den öffentlichen Raum zu übertragen und so einen niedrigschwelligen Zugang zu den jeweiligen Themen zu ermöglichen. Gleichzeitig können Medienfassaden den öffentlichen Raum nach dem Konzept des „Placemaking“ bereichern oder aufwerten.
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Wie können Medienfassaden nachhaltig gestaltet werden, und welche Eigenschaften tragen zu ihrem ökologischen Potenzial bei?
Die Möglichkeiten sind enorm. Ein Bereich, in dem wir grosses Potenzial für die Zukunft sehen, ist die Kombination von grünen Fassaden mit Photovoltaik und Licht. Oder wie Medienfassaden die Beschattung, das Mikroklima oder die Akustik positiv beeinflussen können. Durch das Bepflanzen von Fassaden wäre auch eine Fassade mit negativen CO2-Emissionen denkbar. Das sind alles Themen, an denen wir derzeit arbeiten.
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Die von iart ausgeführte Arbeit an dem von Michele De Lucchi & AMDL CIRCLE entworfenen Pavillon auf dem Novartis Campus in Basel ist ein Beispiel für Medienfassaden, die aktiv zur Energieeffizienz und Nachhaltigkeit beitragen. Wie haben Sie dies erreicht?
Mit diesem Projekt wollten wir zeigen, dass eine Medienfassade nicht nur Strom verbraucht, sondern ihn auch erzeugen kann. Durch die Kombination von kommunikativer Kompetenz und Energieerzeugung schaffen wir neue Möglichkeiten, sowohl in Bezug auf das Design als auch auf die Nachhaltigkeit. Die Fassade ist mit insgesamt 10.000 Solarmodulen mit eingebauten LEDs ausgestattet und verbraucht nur so viel Energie, wie sie erzeugen kann. Wir verwenden organische Solarmodule, weil sie in einer Vielzahl von Formen und Grössen hergestellt werden können, flexibel und extrem lichtempfindlich sind, was sie für den Einsatz auf einer gebogenen Struktur ideal macht. Darüber hinaus hat die organische Photovoltaik den grossen Vorteil, dass sie im Vergleich zu herkömmlichen Solarzellen bei der Herstellung weniger graue Energie benötigt und nur wenig Licht braucht, um Strom zu erzeugen. Die organischen Solarzellen können in Bereichen eingesetzt werden, in denen die Lichtverhältnisse nicht optimal sind, wie z. B. an Fassaden.
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Worin bestehen die Herausforderungen oder Bedingungen bei der Umsetzung von als nachhaltig angesehenen Eigenschaften von Medienfassaden und wie kann man ihnen gerecht werden?
Kosten und Wartung können zu einer Herausforderung werden. Da diese Art von Fassade neu ist, birgt sie gewisse Risiken. Bei Projekten wie dem Novartis Pavillon arbeiten wir stets mit Echtzeit-3D-Simulationen, um die Wirkung und die Einfügung der Anlage in den städtischen Raum zu visualisieren. Wir bauen auch so genannte Mock-ups – Modelle in Originalgrösse – und Prototypen einzelner Elemente, mit denen wir unsere Lösung in Bezug auf Design und Technik testen.
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Gibt es spezifische Technologien oder Materialien für den Bau von Medienfassaden, die im Einklang mit den Grundsätzen der Nachhaltigkeit stehen?
Ein großes Potenzial sehen wir in Technologien wie der organischen Photovoltaik oder dem transparenten Perowskit-Dünnschichtverfahren, welche eine Integration in Glas ermöglichen. Ein weiterer möglicher Ansatz ist die Kombination von photovoltaischen und kinetischen Elementen, die neue Möglichkeiten für die Beschattung bieten und gleichzeitig den Ertrag der Photovoltaik erhöhen.
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Wie können die auf den Medienfassaden dargestellten Inhalte das öffentliche Bewusstsein und Verhalten in Bezug auf Nachhaltigkeit und Umweltfragen beeinflussen?
Die Multimedia-Fassade des neuen Novartis Pavillons ist ein gutes Beispiel dafür. Ihr Inhalt wurde von drei Künstlern geschaffen, die mit Wissenschaftlern zusammenarbeiteten, um von der Wissenschaft inspirierte Kunstwerke zu entwickeln. Daniel Canogar, ein Künstler aus Madrid, hat generative Animationen geschaffen, die in Echtzeit auf Klimadaten reagieren. Sein Werk mit dem Namen „Oculus“ basiert auf Daten von verschiedenen Websites, die unterschiedliche Klimaphänomene überwachen: den Anstieg der Meerestemperatur, die Grösse des Ozonlochs oder Wetterstörungen. Anstatt Diagramme oder Zahlen zu zeigen, übersetzt der Künstler die Daten zum Klimawandel in Kunst, die öffentlich erlebbar ist. Mit seinem Kunstwerk sensibilisiert er die Öffentlichkeit.
Siehe auch
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